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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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02.12.2021 - Ausgabe: 6/2021

Der inklusive Sport und die inklusive Sportstätte – ein noch ausbaufähiges Thema

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© .shock / stock.adobe.com


Inklusion und inklusive Gestaltung von Infrastrukturen sind nach wie vor ein sehr aktuelles Thema. Das ist zum einen sehr positiv und zeigt, dass man sich der Sache bewusst ist und sie auch fördern möchte, zum anderen lässt sich daraus aber auch ableiten, dass die Fortschritte nicht so vorangehen, wie man es sich wünschen sollte, und Defizite noch deutlich erkennbar sind.

Der Leistungssport und Inklusion haben grundsätzlich ein zwiespältiges Verhältnis zueinander, weil der Schritt von der Integration zur Inklusion noch nicht so recht gelingt. Es gibt natürlich seit vielen Jahren schon paralympische Spiele, Special Olympics und mittlerweile auch inklusive Sportangebote in Vereinen, und gerade den Paralympics wird sogar eine große öffentliche Wahrnehmung zuteil. Aber der Gedanke der Inklusion spielt im Wettkampfsport bislang nur eine untergeordnete Rolle. Denn Inklusion bedeutet eigentlich: alle gemeinsam. Das heißt, alle zusammen machen Sport – behinderte und nicht behinderte Menschen, alte und junge, Männer, Frauen und Diverse. Gut, im Rollstuhlbasketball dürfen hierzulande beispielsweise sogar nichtbehinderte SportlerInnen an Wettkämpfen teilnehmen. Auch gemischt geschlechtliche Mannschaften können dort spielen. Es ist also schon sehr inklusiv. Doch bereits auf internationaler Ebene hört dies auf. Bei den Paralympics muss jede/r Teilnehmende eine gewisse Schwere der Behinderung aufweisen und dem IPC sind eine Vielzahl von sog. „Minimalbehinderungen“ ein Dorn im Auge. So droht sogar der Ausschluss der Sportart von zukünftigen Spielen, sollte der Rollstuhlbasketball-Weltverband verschärfte Kriterien des IPC nicht umsetzen. Soweit zur Inklusion. Auf der anderen Seite sorgte zuletzt das Startverbot des Weitspringers Markus Rehm bei den Olympischen Spielen in Tokio für Aufsehen. Der paralympische Sportler wollte dort gemeinsam mit den nicht-behinderten Sportlern am olympischen Wettkampf teilnehmen und, da seine Beinprothese als unerlaubtes Hilfsmittel definiert wird, das sogar im Zweifelsfall außerhalb der Wertung. Doch selbst letzteres wurde abgelehnt, trotz der großen Symbolkraft. Wie lautet das vielzitierte (angebliche) olympische Motto? „Dabei sein ist alles“ – nun ja, da scheint es doch Grenzen zu geben.

Der Leistungssport ist im Großen und Ganzen sicher nicht so wirklich inklusiv und große Bestrebungen dorthin scheint es auch nicht zu geben. Menschen mit oder ohne Behinderungen, Frau oder Mann und teilweise auch unterschiedliche Altersgruppen – meist bleibt das alles wie gehabt getrennt und in Klassen eingeteilt. Begründet wird dies vor allem mit der Fairness des sportlichen Wettbewerbs, was man zu einem gewissen Grad auch nachvollziehen kann. Aber eine Einteilung der Sporttreibenden in verschiedene getrennte Leistungsklassen und sei es nur behindert und nicht-behindert, entspricht nun mal nicht ganz dem Gedanken der Inklusion.

So sind es hauptsächlich der Amateur-, Breiten- und Freizeitsport, die echte inklusive Sportangebote bieten können. Auch die meisten Sportverbände befürworten und fördern explizit inklusive Angebote und haben teilweise sogar Broschüren für Vereine entwickelt, die Anregungen und Grundlagen an die Hand geben. Viele Sportvereine haben bereits inklusive Sportgruppen. Es ist aber noch viel Sensibilisierung und Aufbauarbeit notwendig, um flächendeckende Angebote zu schaffen. Auch öffentliche Fördermittel können dort durchaus weiterhelfen. Im „Index für Inklusion im und durch Sport“ des Deutschen Behindertensportverbandes (https://www.dbs-npc.de/sport-index-fuer-inklusion.html) heißt es auf S.15 u.a. „Inklusion im Sport bedeutet für uns einerseits, dass jeder Mensch nach seinen individuellen Wünschen und Voraussetzungen ein Bewegungs-, Spiel- und Sportangebot in seinem Umfeld wählen und an diesem – selbstbestimmt und gleichberechtigt – teilnehmen kann. (…) Dabei geht es allerdings nicht darum, dass alle gemeinsam Sport treiben müssen, sondern dass die individuellen Bedürfnisse berücksichtigt werden. Jede/r soll das Wunsch- und Wahlrecht wahrnehmen können.“ Auch dieser Ansatz ist sicherlich sehr positiv zu sehen, allerdings stellt sich auch hier die Frage, ob das zu wirklicher Inklusion ausreicht oder man doch wieder eher eine „Klasseneinteilung“ vorzieht. Dass nicht alle Sportangebote zwingend allen offenstehen müssen, ist nachvollziehbar, aber dem Prinzip der Inklusion zufolge sollte es zumindest in jedem einzelnen Fall nicht ausgeschlossen und prinzipiell gefördert werden. Aber dies ist ein schwieriger und langer Weg. Daher ist es natürlich auch richtig, zunächst einmal überhaupt Angebote zu generieren und für alle Interessierten Möglichkeiten zur inklusiven Sportausübung zu schaffen. Auf Ebene des Amateur-, Freizeit- und Breitensports bietet sich ja die Gelegenheit an, neue Wege und Möglichkeiten der inklusiven Ausübung vieler gängiger Sportarten anzubieten und zu erproben. Dazu sollte allerdings die passende Infrastruktur vorhanden sein.

Womit wir bei den Sportstätten wären. Auch hier werden noch sehr häufig inklusive Ansprüche nicht erfüllt, die Defizite sind hier in der Regel sogar noch viel gravierender. Der vielzitierte Sanierungsstau im Sportstättenbereich ist ja schon grundsätzlich ein Problem, da schließt sich eine inklusive Gestaltung durchaus an.

Das Netzwerk „Sport & Inklusion“ in Berlin hat 2019 einen „Kriterienkatalog für zukünftige inklusiv nutzbare Sportbereiche“ (https://cdn.dosb.de/user_upload/Inklusion-sport.de/PDFs/Kriterienkatalog_fu__r_inklusiv_nutzbare_Sportsta__tten_2.pdf) herausgebracht, wo viele Aspekte und Erfordernisse des inklusionsgerechten Sportstättenbaus zusammengefasst werden. Ziel ist es, die Sportstätten, ob Indoor, Outdoor oder Schwimmhalle, baulich so zu gestalten, dass möglichst jede/r Sportreibende diese nutzen kann. Und zwar sowohl aktiv als auch passiv in der Zuschauerrolle. Dabei geht es nicht nur um Barrierefreiheit, sondern auch um die Anpassung an die Erfordernisse von Menschen mit unterschiedlichen Einschränkungen und Behinderungen: z.B. Menschen im Rollstuhl, mit motorischen Einschränkungen, mit eingeschränkter Sinneswahrnehmung oder geistigen Einschränkungen. Möglichst alle Menschen sollen eine Sportstätte nutzen können, sie sollen sich dort sicher und wohl fühlen, sie sollen sich orientieren und umziehen können, die sanitären Einrichtungen nutzen können, sie sollen ohne bauliche Einschränkungen oder für sie unbenutzbare Wege an- und abreisen können und natürlich nicht zuletzt vor Ort ihre Sportart vollumfänglich ausüben können. Der Kriterienkatalog ist umfänglich und zeigt damit auf, dass es viele Erfordernisse an eine inklusive Sportstätte gibt. Diesen Anforderungen muss sich der Sportstättenbau in Zukunft widmen, damit eine inklusive Sportstättenstruktur gelingen kann. Denn nur wenn die Sporträume inklusiv nutzbar sind, können dort inklusive Sportangebote stattfinden. In der Förderung des Sportplatzbaus müssten solche Kriterien in Zukunft berücksichtig werden, um dem Anspruch der Inklusion zu genügen.

Und auch außerhalb der „normierten“ Sportstätten muss eine inklusive Gestaltung berücksichtigt werden. Denn auch im informellen Sport sollte und müsste die angebotene Infrastruktur für alle SportlerInnen nutzbar sein. Das gilt sowohl für Multifunktionsspielfelder, für Trendsportanlagen, Bewegungsparcours oder Skateparks. Hier sollten alle die Möglichkeit haben, sich sportlich zu betätigen. Es gibt z.B. RollstuhlfahrerInnen, die  nutzen gerne Calisthenicsgeräte oder Skateparks. Solche Optionen kann man in der baulichen Gestaltung problemlos ermöglichen. Häufig sind es aber schon die Zuwege und die umliegende Infrastruktur, die sie daran hindern, überhaupt zu den Bewegungsarealen zu kommen. Auch Sitzgelegenheiten und Toiletten gehören übrigens zu einer inklusiven Gestaltung; wer nicht lange stehen kann oder häufig ein WC aufsuchen muss, hat auch eine Einschränkung, die es zu berücksichtigen gilt. Der öffentliche Raum ist für alle da und sollte auch für alle etwas bieten – das schließt die Sportinfrastruktur mit ein.

Die Themen „inklusiver Sport“ und „inklusive Sportstätten“ sind zwar noch stark ausbaufähig, aber sie sind auch in der Gesellschaft angekommen. Auch wenn sich der Leistungssport mit Veränderungen schwertut, sind Sportverbände und Vereine bereits dabei, Angebote zu schaffen und neue Wege zu gehen. Diese positive Entwicklung gilt es zu fördern und alte Krusten und Strukturen für neue fortschrittliche und inklusive Wege zu öffnen. Ein wichtiger Baustein ist dabei eine Infrastruktur inklusionsgerechter Sportstätten, die für diese Entwicklung grundlegend ist. Auch im öffentlichen Raum müssen Bewegungsareale zunehmend den Ansprüchen der Inklusion gerecht werden. Denn das Ziel muss sein, allen und vor allem allen gemeinsam die Sportausübung zu ermöglichen.

Zum Abschluss für Interessierte noch ein Hinweis zu einer aktuellen Studie der Universität Mainz über ein Projekt zur Förderung von Inklusion in der Sportvereinsarbeit: https://www.lsb-rlp.de/sites/default/files/2021-11/sportinkllotsen_0711_ansicht_klein.pdf

TT

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