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Playground@Landscape

Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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07.06.2023

Konflikte bei der Nutzung von öffentlichen Skateparks.

Überlegungen für ein entspanntes Miteinander in sozial selbstregulierten (Sport)Räumen

Von Veith Kilberth, Landskate GmbH
Photo
© Landskate GmbH

In Deutschland entstehen immer mehr moderne Skateparks, die als öffentliche urbane Bewegungsräume hohe Attraktivität und Aufforderungscharakter für junge Nutzer*innengruppen haben. Dem Gemeinwohl verpflichtet werden die meisten Skateparks für möglichst viele Nutzer*innengruppen (Skateboard, BMX, Stunt-Scooter, Inline-Skating und WCMX (Wheelchair Motocross)) als mitunter niedrigschwelliges Angebot gestaltet und im Betriebsmodus „umsonst-frei-und-draußen“ zur Verfügung gestellt, damit möglichst viele von den öffentlichen Anlagen profitieren können. Sobald die neuen Parks eröffnet und in den „Verkehr gebracht“ wurden, kommt es in der Praxis zu einem großen Andrang, d. h. einem hohen Nutzungsaufkommen von verschiedenen Nutzer*innengruppen, die die neue Attraktion nutzen möchten. So kommt es bei modernen Skateparks – unabhängig von der Größe – vielerorts zu sehr ähnlichen Nutzungs-Konflikten mit alarmierenden Zuständen (vgl. Naschold, 2021). Problematisch wird es besonders dann, wenn die Nutzungs-Konflikte die Sicherheit der Nutzer*innen gefährden. 

 

Der Kern des Problems

Mit der enormen Verbreitung von (Stunt-)Scooter als Fortbewegungsmittel für Kinder kommt eine quantitativ sehr große neue Nutzer*innengruppe in Skateparks und senkt den Altersdurchschnitt signifikant, da die meisten Scooter-Nutzer*innen Kinder sind. Nicht selten stellen aktuell Stunt-Scooter-Fahrer*innen die größte Nutzer*innengruppe in öffentlichen Skateparks dar. Umso vertrauter das alltägliche Fortbewegungsmittel, desto leichter der Einstieg zur Skatepark-Nutzung, was außer für Scooter ebenso für Laufräder und Fahrräder gilt. Häufig können die „neuen“ Nutzer*innen relativ hohe Geschwindigkeiten generieren. Diese vergleichbar hohe Geschwindigkeit bei gleichzeitig geringer Erfahrung der gemeinsamen Skatepark-Nutzung führt dazu, dass viele neue Nutzer*innen das Terrain arglos befahren, für andere zumeist unberechenbar sind und dadurch leicht zur Gefahr für sich und andere werden. Die Gefahr besteht einerseits in möglichen Kollisionen mit anderen Nutzer*innen und andererseits in der eigenen Über- und Unterschätzung der Nutzung von Skatepark-Elementen. Demnach sind das Haupt-Problem nicht die unterschiedlichen Rollsportgeräte der Skatepark-Nutzung, sondern die Erfahrung bzw. das Können-Niveau der Kids, mit dem auch ein Wissen über die informellen Vorfahrtsregeln in Skateparks einhergeht. Selbstverständlich hat jeder Skatepark eine gewisse Kapazitätsgrenze für die gleichzeitige Nutzung, die irgendwann erschöpft ist – die Pointe ist jedoch, dass schon einige wenige unerfahrene Nutzer*innen den Betrieb erheblich ein­schränken können und so oftmals wenige den Spaß für viele deutlich beeinträchtigen. 

 

Der Frust der Szene

Der Kreis der Nutzer*innen der fertiggestellten Anlage ist zumeist sehr viel größer als die Gruppe derjenigen, die sich zum Teil schon seit Jahren für „ihr“ Projekt eingesetzt haben. Typischerweise handelt es sich dabei um eine kleine Gruppe von besonders involvierten und identifizierten Nutzer*innen, meistens Skateboarder*innen und auch BMXer*innen. Für sie ist der Skatepark ein Ort mit tieferer Bedeutung, Engagement und Auseinandersetzung, wohingegen die Anlage für viele andere, insbesondere für Kinder und ihre Eltern (nachvollziehbarer Weise), einfach ein Bewegungsraum darstellt, der auf einmal da ist und zum „Spielen“ einlädt ohne jeglichen Szene-kulturellen Bezug. Der Einfluss der engagierten Nutzer*innen in der Beteiligungsgruppe, etwa in das Design des Skateparks, kann nachher im Betrieb durch die Raumeinnahme, vor allem von Kindern mit Stunt-Scooter, kaum aufgewogen werden, wenn „gefühlt“ kaum noch Raum zur Verfügung steht. Prekär kann es werden, wenn dem Skatepark-Projekt ein Verbot der Nutzung von Skate-Gelegenheiten im städtischen Raum vorausgegangen ist und im Betrieb des neuen Skateparks die „Kleinen“ den „Großen“ ihren „einzigen legitimen Platz“ streitig machen. 

Ein Verstärker dieser Spannung sind die häufig berichteten Begebenheiten, wenn es zu Zusammenstößen kommt, und die Eltern des „umgefahrenen“ Kindes den „größeren“ als rücksichtslose Verursacher eindeutig die Schuld zuweisen. Häufig sind jüngere, unerfahrene Kinder im Spiel, die gerade den Skatepark für sich entdecken. Man sollte meinen, dass in solchen Situa­tionen gerade die Aufsichtspflichtigen dem Kind helfen sollten einzuschätzen, ob es der richtige Zeitpunkt ist bzw. die situative Dynamik im Skatepark ein erstes Ausprobieren in Räumen zulässt, die bislang eher von Jugendlichen und älteren Nutzer*innen eingenommen wurden. Doch erstaunlicherweise zeigt sich nicht selten das Phänomen, dass manche Eltern es vorziehen, ihr Recht auf Nutzung der öffentlichen Anlage für ihre Kinder durchzusetzen, auch auf Kosten eines harmonischen Miteinanders, sogar wenn dabei die eigenen Sprösslinge in Gefahr gebracht werden. 

 

Lösungsansätze

Zwischen dem unrealistischen Versprechen, dass ein Skatepark für alle sein soll (vgl. die Kritik an diesem Anspruch von Naschold, 2021) und der schwierigen Forderung, weil ein Skatepark nicht für alle sein kann, die Planung sich eben nur auf eine Nutzer*innengruppe beziehen darf, sollte die Maxime sein, einen möglichst großen Raum bereitzustellen und bestmöglich ein Angebot für viele zu schaffen. Es gilt, im Spannungsfeld von dem häufigen Missverhältnis vieler Wünsche und Bedürfnisse sowie den begrenzten kommunalen Mitteln Lösungen und bestmögliche Kompromisse für ein Miteinander zu finden. 

Wenn wir vor der Herausforderung stehen, dass viele denselben Raum zur gleichen Zeit nutzen wollen, handelt es sich zunächst um ein organisatorisches Problem, das es zu lösen gilt. Nach dem Motto: entweder man findet eine Lösung, wie der Park bestmöglich gemeinsam genutzt werden kann, oder man wechselt sich ab. Erst, wenn organisatorische Lösungen ausgeschöpft sind, werden bauliche Maßnahmen erforderlich. Jeder Gruppe ihren „eigenen Skatepark“ zu bauen, ist im Hinblick auf den aktuell denkbaren Ressourcen-Einsatz der Kommunen einerseits und der Menge sowie Ähnlichkeit von überschneidenden Raum-Bedürfnissen andererseits häufig nicht ohne weiteres möglich. Zudem steht der Idee von exklusiven Sport- und Spielflächen im öffentlichen Raum für einige wenige der Multifunktions-Flächen-Ansatz für viele entgegen (insbesondere in verdichteten Großstädten). 

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit werden im Folgenden verschiedene Lösungsansätze von organisatorisch-regulativen und baulich-strukturellen Maßnahmen aufgezeigt:

 

Organisatorisch-regulative Lösungen

Über Vorfahrts- und Verhaltens-Regeln aufklären

Wenn ein zentrales Problem in der mangelnden Erfahrung von besonders jungen Nutzer*innen besteht, dann kann eine Lösung in der Vermittlung von Wissen zu Vorfahrts- und Verhaltens-Regeln für alle Neueinsteiger*innen liegen. Auf den Schildern wird zwar die Nutzungsordnung angegeben, aber die informellen Regeln sind i. d. R nirgends zu finden. Es gibt Initiativen, die gedruckte Flyer mit den wichtigsten Infos sporadisch und eigeninitiativ händisch an Kinder und Eltern verteilen. Diese Infos können helfen aufzuklären, aber der Flyer als Medium ist begrenzt in der Veranschaulichung, und die Sicherstellung einer konsistenten Verteilung könnte in der Praxis schwierig sein. 

Spezifische Videos zur Skatepark-Nutzung wären eine vielversprechende, innovative Lösung. Durch bewegte Bilder mit Ton ist es möglich, vielzählige und auch komplexere Skatepark-Regeln in kurzer Zeit sehr anschaulich zu vermitteln. Per Video-Link (z. B. als QR-Code) auf einem Schild direkt am Skatepark kann sich jede Person vor Ort spontan das Video auf dem Smartphone anschauen. Falls nötig würde ein (freundlicher) Hinweis, von den Geübten an die Neueinsteiger*innen, auf das Video ausreichen, um über Regeln und Sicherheit im Skatepark aufzuklären. Die Möglichkeit, über ein solches Video zu verfügen und darauf hinzuweisen, könnte vor allem für die fortgeschrittenen Nutzer*innen und Kommunen großen Nutzen bringen (dieses Konzept bietet das Skatepark-Planungsbüro Landskate aus Köln an: https://lndskt.de/sicherdurchdenskatepark). 

Der Erfolg durch Aufklärung hängt selbstverständlich mit der richtigen Ansprache an Eltern/Erziehungsberechtigte und ihre Kindern zusammen sowie deren Einsicht, sich mit den Regeln auseinandersetzen zu wollen, und schließlich mit der freiwilligen Einhaltung und Befolgung dieser Vorgaben. 

 

Implizit, selbstregulierte Nutzungszeiten

Der Faktor Zeit kann auf Dauer zu implizit selbstregulierten Nutzungszeiten führen. Die Skatepark-Nutzung ist primär eine Freizeitbeschäftigung. Verschiedene Nutzer*in­nen­gruppen haben zu unterschiedlichen Tageszeiten frei verfügbare Zeit, in der sie den Skatepark nutzen können. Deshalb sind Nutzungs-Konflikte in Skateparks nicht ganztägig permanent, sondern es handelt sich um eine Stoßzeiten-Problematik, in der sich die Nutzer*innengruppen häufig zu unterschiedlichen Tageszeiten informell organisieren. D. h. es gibt bestimmte Hauptnutzungszeiten, während der Großteil der Konflikte entsteht. I. d. R. ist es so, dass – je nach kommunalen Skatepark-Gesamtangebot – diejenigen, die ihre Freizeit flexibler einteilen können, die Stoßzeiten umgehen, sodass sich die Nutzung der Anlage tendenziell stärker über den gesamten Tag verteilt. Nur am Rande sei erwähnt, dass diese „Not“ zu einer effizienteren Flächennutzung bzw. Auslastung beitragen kann. 

 

Events & Workshops

Es ist gängige Praxis, auch in öffentlichen Sportanlagen Veranstaltungen umzusetzen, sofern sie sozialen Zwecken dienen und nicht dauerhaft den Betrieb stören. In Kooperationen mit Vereinen und Initiativen ist es möglich, temporäre Events in Form von Workshops und anderen Veranstaltungen zu organisieren, die die Skatepark-Nutzung für bestimmte Zielgruppen und soziale Zwecke ermöglicht. Auf diesem Wege kann sozial-pädagogische Unterstützung stattfinden, die insbesondere zur Einführung der Anlage für neue Nutzer*innen wertvoll ist. Folgende Event/Workshop-Beispiele sollen die Vielfältigkeit aufzeigen: 

 

„Info Workshop“ – zu bestimmten Zeitpunkten können Neueinsteiger*innen einen „Skatepark-Führerschein“ machen, der über Gefahren aufklärt und alle wichtigen Verhaltens- und Vorfahrtsregeln beinhaltet. 

 

„Early Birds“ – nach dem Vorbild der North Brigade e. V. in Köln, kann eine Elterninitiative ein regelmäßiges Eltern-Kind-Skaten auch in öffentlichen Anlagen veranstalten. 

 

„Girls / FLINTA Session“ – eine Initiative organisiert Treffen für Frauen bzw. Mädchen und andere Geschlechter-Identitäten. Ähnliche Formate bietet die Skatehalle Berlin an.

 

„WCMX Sesh“ – eine Gruppe von Wheelchair Skater*innen (Sportrollstuhlfahrer*innen) trift sich regelmäßig. WCMX-Workshops und -Treffen organisiert deutschlandweit beispielsweise die Initiative Sit’N’Skate aus Hamburg. 

 

„Come and Skate“ – als Angebote der offenen Jugendarbeit gibt es Workshops, die mobile Betreuung anbieten und Material verleihen. Diesbezügliche Angebote setzt der HIGH FIVE e. V. aus München um.

 

„Night Session“ – an Anlagen mit professioneller Beleuchtung eine temporäre Erweiterung der nächtlichen Nutzungszeit anbieten, wenn an bestimmten Tagen Night Sessions stattfinden, also Verlängerungen des beleuchteten Betriebs bis spät in die Nacht. 

 

Diese Angebote sollten möglichst außerhalb der Haupt-Stoßzeiten stattfinden, bzw. in der Frequenz maßvoll umgesetzt werden, sofern sie den gesamten Skatepark einnehmen. Zudem ist einschränkend anzumerken, dass Vereine und Initiativen ehrenamtliches Engagement voraussetzen, und dass allgemein im Bereich urbaner Bewegungspraktiken diese Strukturen bisher wenig ausgeprägt sind sowie die Bereitschaft zu deren Gründung, und die bestehenden Strukturen von Ort zu Ort sehr unterschiedlich sind. Vor diesem Hintergrund wäre es denkbar, über Kooperationen mit Vereinen und sozialen Initiative hinaus – mit besonderer Sensibilität – auch Kooperationen z. B. mit lokalen Skateshops und anderen kommerziellen Anbietern aus dem privaten Sektor (Public-Private-Partnership) umzusetzen. 

Eine weitere Möglichkeit ist, Personal für die freie Jugendarbeit zu beauftragen, das evtl. gerade in der Anfangszeit nach Skatepark-Eröffnungen den öffentlichen Betrieb unterstützt, indem es die Anlage betreut, informiert, Konflikte löst usw. 

 

Nutzungsordnung

Das Schild am Eingang des Skateparks regelt die offizielle Nutzung, unter welchen Bedingungen welche Rollsportarten in welchem Alter die Anlage nutzen dürfen. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, bestimmte Rollsportarten auszu­schließen. Allerdings erscheint das pauschale Ausschließen anderer typischer Skatepark-Nutzer*innengruppen als keine sozial tragfähige Lösung. Wichtig ist jedoch, das Alter auf mindestens 8 Jahre zu begrenzen, wie es in der Skatepark-DIN empfohlen wird (vgl. Deutsches Institut für Normung, 2019, S. 28). Es gilt zu bedenken, dass ein Skatepark ein Bewegungsraum ist, der frei genutzt wird, und das Risiko im Sinne von selbstgewählten Wagnissen ein wesentlicher Bestandteil urbaner Rollsportarten ist. Diese Selbsteinschätzung kann insbesondere bei Kindern ohne Erfahrung leicht zu einer Selbstüberschätzung führen. Zum Schutz der Kinder, und der zum Teil ebenso unerfahrenen Eltern, scheint die Einschränkung auf das Mindestalter von 8 Jahren notwendig. Evtl. könnte die Nutzung für unter 8-jährige freigegeben werden, wenn Eltern den Skatepark aktiv mit ihren Kindern gemeinsam nutzen, und zu speziellen Veranstaltungen. 

Ggf. ist es nötig, Nutzungszeiten für einzelne Nutzergruppen explizit anzugeben, um vor allem zu den Nutzungsspitzen die verschiedenen Rollsportarten auf unterschiedliche Zeiten bzw. Tage aufzuteilen. Im Skatepark im westfälischen Büren hat sich das Läuten einer sogenannten „Scooter Glocke“ ritualisiert, die täglich um 17:00 Uhr als akustisches Signal das Ende der täglichen Nutzungszeit für Stunt-Scooter “einläutet“. Beispielsweise reguliert das Jugendzentrum AHK Köln seinen indoor Skatepark, die Halle59, indem es unter der Woche bis 17:00 Uhr ein gemischtes Fahren anbietet und ab abends, an zwei Tagen der Woche, in Stunt-Scooter und BMX sowie Skateboarding und Inline-Skating einteilt. Das Wochenende ist zeitlich durchgehend gemischt. 

Welche Formen der offiziellen Regulierung jeweils durch die Nutzungsordnung notwendig sind, hängt auch hier mit der konkreten lokalen Situation zusammen. Die Einhaltung einer zeitlichen Einteilung für bestimmte Nutzergruppen in öffentlichen Anlagen ist zwar nicht ausgeschlossen, aber eine konsequente Durchsetzung könnte sich als schwierig erweisen. 

 

Baulich-infrastrukturelle Lösungen

Nutzungszeit erweitern durch Beleuchtung

Eine professionelle Beleuchtung kann, insbesondere im Winter, die Verfügbarkeit durch eine verlängerte Nutzungszeit dort entzerren, wo das Aufkommen am höchsten ist. Städte und Gemeinden sollten stets die rechtliche, technische und budgetäre Situation prüfen, ob eine Beleuchtung und dadurch die Nutzungsmaximierung der Anlage möglich ist. 

 

Zusätzliche Raum-Angebote

Der Überlastung der Kapazität eines öffentlichen Skateparks kann auch mit der Bereitstellung weiterer Flächen begegnet werden. Vor allem dann, wenn der Nutzungsdruck trotz der Implementierung o. g. organisatorischer Maßnahmen weiter besteht. Ergänzend zum überfüllten Skatepark weitere Anlagen zu schaffen, ist theoretisch eine naheliegende Option, aber praktisch aufgrund des Aufwands von Ortbeton-Anlagen zumeist keine kurzfristige Lösung. Als Teil der Skatepark-Angebot-Erweiterung können auch weniger aufwendige, kleinere, kompakte Skateanlagen errichtet werden, wie beispielsweise eine Miniramp aus Holz. Zudem sind Pumptracks auch eine Möglichkeit, den Nutzungsdruck in Skateparks zu entspannen, die immer häufiger in der Nähe von Skateparks errichtet werden (z. B. im Osthafen Skatepark in Frankfurt a. M.). Diese Anlagen werden zunehmend als Bestandteile von Urban Sports-Parks von Beginn an konzeptionell zusammengedacht. Unbeantwortet bleibt dabei allerdings die Frage, ob ein Pumptrack die Überlastung eines Skateparks überhaupt kompensieren kann. Oder ob durch ein noch niedrigschwelligeres Angebot nicht genau der gegenteilige Effekt erzielt wird, wenn ein zusätzlicher Attraktivitätsfaktor für Kinder mit Laufrädern, Rollern und Fahrrädern direkt neben dem Skatepark geboten wird. Haben doch insbesondere einfache, kleinere Pumptracks (ohne Kombinationsmöglichkeiten von Fahrwegen, Jumpline usw.) die Tendenz, bewegungstechnisch relativ schnell ausgereizt zu sein. 

Um die Pumptrack-Option als investiv unverfänglicheres Angebot zu testen, könnten Städte und Gemeinden z. B. einen mobilen Pumptrack als Zusatzangebot aufstellen, vor allem wenn eine befestigte Fläche zur Verfügung steht. Im Verhältnis zum geforderten breiten Gestaltungs-Spektrum von Skatepark-Terrains können einfache, für Anfänger*innen geeignete Pumptracks sehr viel besser modular „aus dem Katalog“ zusammengestellt werden, ohne dass ein Kreativität- und Identitätsverlust derart bedenklich wäre, wie bei sogenannten Katalog-Skateparks (vgl. Kilberth, 2021, S. 188 ff.). Die Stadt Köln hat mit ihrem mobilen Pumptrack-Angebot gute Erfahrung gemacht, was auch eine Studie zeigen konnte (vgl. Siebert, Ehlen, N. & Schmidt, 2020). 

 

Neue Flächen-Konzepte

Eine Erweiterung des Angebots besteht auch in der zur Verfügungstellung von innovativen Raum-Konzepten. Gemeint sind die kollaborative Bereitstellung öffentlicher Flächen, z. B. für den Bau eines DIY-Spot (Do-It-Yourself), der von der Szene selbst gestaltet und gebaut wird. Oder als DIY-Hybrid-Modell, also ein DIY-Spot, der unter professioneller Anleitung und unter bestimmten Voraussetzungen (Stichwort: Sicherheit) in (handwerklicher) Zusammenarbeit mit den lokalen Nutzer*innen gebaut wird. Weiter könnten z. B. städtische Gelegenheiten (wie etwa ein Street Spot in der Stadt) zur Nutzung zusätzlicher Räume „freigegeben“ werden.

Welche Formen der Raum-Erweiterung in Frage kommen ist stark von den lokalen Begebenheiten und Möglichkeiten abhängig, da beispielsweise DIY-Projekte besonders voraussetzungsvoll sind (eine ausführliche Auseinandersetzung zur Zukunft von Skateparks und neuen Skate-Raum-Konzepten findet sich hier: Kilberth, 2021, S. 253 ff.).

 

Räumliche Segregation der „Anfängerhügel“

Nicht selten kommt im Rahmen von Skatepark-Planungen die Frage auf, ob man nicht separate Bereiche für Anfänger*innen schaffen sollte, ähnlich wie der am Fuße von Skipisten gelegene „Anfängerhügel“. Da Skatepark-Terrain-Typen immer eine gewisse Mindestgröße benötigen, und es ohnehin schwierig ist, mit den zur Verfügung stehenden Mitteln überhaupt den vielen Wünschen und Bedürfnissen (siehe oben) gerecht zu werden, gehen zusätzliche Sektionen immer auf Kosten eines anderen Terrains. D. h. es ist eine Abwägung des Ressourcen-Nutzungs-Verhältnisses. Bei stark begrenzten Ressourcen sollte man den Blick auf Synergien richten. 

Wenn man bedenkt, dass moderne Skatepark-Planungen der (sozialen) Forderung folgen, auch ein Angebot an niedrigschwelligen Elementen bereitzuhalten, dann bieten State-of-the-Art Skateparks auch geringer dimensionierte Elemente, die weniger Geschwindigkeit benötigen und daher i. d. R. einfacher zu befahren sind. Aus diesem Grund sind sie für den Einstieg besonders gut geeignet. Diese niedrigschwellige Ausstattung, z. B. in Street Terrains zu berücksichtigen, ist deshalb kein Problem, weil niedrige Obstacles (Hindernisse) keine expliziten Anfänger*innen-Elemente sind, sondern zum Inventar von Street Skateparks gehören. Fortgeschrittene nutzen sie einfach trickreicher als Anfänger*innen. D. h. „Anfänger*innen-Elemente“ sind demnach bereits Teil der Terrains, die i. d. R. mit einer durchschnittlich niedrigeren Geschwindigkeit befahren werden. Ob ungeübte die Interaktion mit anderen, bereits geübten Nutzer*innen – das primäre Problem des Nutzungskonflikts (siehe oben) – in Anfänger*innen-Bereichen üben können, ist äußerst fragwürdig. Und wie ließe sich überhaupt sicherstellen, dass sich Anfänger*innen in einem öffentlichen Skatepark ausschließlich in „ihrem“ Bereich aufhalten werden? Bestimmte Sektionen des Skateparks, in denen sich Anfänger*inner vermehrt aufhalten – häufig jene Bereiche, die mit geringerer Geschwindigkeit nutzbar sind –, ergeben sich im Betrieb informell ganz von allein. 

Was strukturell noch am ehesten in die Richtung Anfänger*innen-Bereich ginge, wären eigene, separate Transition-Bereiche (organische, radiale Formen der Elemente), die eine besonders niedrige Grundhöhe haben und eigene Terrain-Typen darstellen, wie etwa Mini Bowl und Miniramp. Allerdings würde sich die Nutzung dieser Bereiche wohl kaum auf Anfänger*innen beschränken lassen, weil an diesen Terrains vermutlich alle Spaß hätten. 

Es ist wichtig zu erkennen, dass Lösungen von Konflikten in Skateparks einer eigenständigen Betrachtung bedürfen. Das Problem lässt sich nicht einfach mit erprobten Anfänger*innen-Konzepten in anderen Bewegungskontexten, wie Nicht-Schwimmer-Bereich, Anfängerhügel, Markierung von Schwierigkeitsgraden (z. B. Ski-Pisten), in den Griff bekommen. Der Unterschied liegt in der großen Varianz der Nutzung von Skateparks und der Eigenlogik von Urban Sports, dass kleiner dimensionierte Elemente nicht ausschließlich ein Angebot für Anfänger*innen sind. Zudem muss zur Bereitstellung des Raumangebots berücksichtig werden, dass sich Skateparks weder kommerziell betreiben lassen (wie z. B. Ski-Pisten) noch sind sie bisher gesetzter Bestandteil kritischer Sport & Spiel -Infrastruktur, wie z. B. Schwimmbäder oder Kinderspielplätze. Sie sind daher, wie andere Räume für den informellen Sport auch, auf den Goodwill von Städten und Gemeinden angewiesen (vgl. Bindel, 2008, S. 39). Die begrenzten Mittel einerseits und das gestalterische Möglichkeitsspektrum andererseits sind die Hauptgründe, warum Skateparks unter einem besonderen Druck stehen, baulich-strukturelle Synergien zu nutzen. 

 

Lineare Struktur von Street Skateparks 

Um Kollisionen zu vermeiden, kommt manchmal die Idee auf, die Struktur des Street-Terrains linear zu planen, sodass sich die Fahrwege (Lines) nicht kreuzen. Die Idee, dass mehrere Nutzer*innen die Street Area gleichzeitig nutzen können, wenn sich weniger Lines kreuzen und dann die Nutzung hinter- und nebeneinander erfolgt, ist nur auf dem ersten Blick ein interessanter Vorschlag. Das Problem bei linearen Skateparks ist, dass sie relativ schnell langweilig werden. Eine multi-direktionale Struktur (Multi-Lines) der Fahrwege hingegen ermöglicht eine wesentlich kreativere Nutzung des Terrains. Dieses Kreativitäts-Argument wiegt besonders schwer, wenn man bedenkt, dass Skateparks eine Nutzungsperspektive von 15 Jahren und länger haben. Eine Multi-Lines Struktur sorgt für eine nachhaltigere Attraktivität des Skatepark-Designs (vgl. Kilberth, 2021, S. 240). Aufgrund von Nutzungsspitzen die Struktur weniger attraktiv zu gestalten und damit einem langweiligeren Terrain Vorschub zu leisten, würde hinsichtlich der langfristigen Nutzung dieser Ort-Beton-Bauwerke substanzielle Attraktivitäts-Einbußen nach sich ziehen. 

Resümierend sollte man eine zeitlich-organisatorische Beschränkung einer räumlich-materiellen Segregation und linearen Struktur immer vorziehen, weil diese am strukturellen Potential des Skateparks ansetzt. Auch wenn es kurzfristig Konflikte geben kann, maximiert eine zeitliche Aufteilung langfristig das Potential der Flächen. 

 

Fazit

Wie gezeigt lässt sich im Umgang mit dem Nutzungs-Konflikt das Maßnahmenspektrum für kommunale Entscheider*innen von der Inklusion mittels der Verständigung auf Nutzungs-Regeln, über eine räumlich-strukturelle und zeitlich-organisatorische Segregation der Nutzung, bis zur Ausgrenzung von bestimmten Nutzungsgruppen durch Verbote aufspannen. 

Mit dem Ziel eines harmonischen Miteinanders, Inklusion und Teilhabe als sozial-philosophische Haltung sollen Lösungen gefunden werden, die möglichst viele Nutzer*innen von dem öffentlichen Skatepark profitieren lassen. Dabei gilt die Maxime Multifunktions- vor Exklusiv-Nutzung, organisatorisch-regulative vor baulich-infrastrukturellen Lösungen und ganz grundsätzlich Kommunikation vor Segregation. 

Trotz einer vielerorts sehr ähnlichen Problem-Struktur gibt es keine one-size-fits-all-Lösung, sind doch vor allem die lokalen Handlungsmöglichkeiten zur Lösungsfindung sehr unterschiedlich. Es darf einige Hoffnung in das Prinzip der Aufklärung gesetzt werden, da diesbezüglich in den letzten Jahren kaum etwas passiert ist. Ein gut implementiertes Konzept mit einem innovativen Video könnte eine gemeinsame Nutzung erheblich verbessern. 

Lassen sich die vielerorts starken Nutzungskonflikte nicht durch die o. g. organisatorischen Maßnahmen in den Griff bekommen, so kann das als ein unmissverständlicher Indikator für die große Nachfrage nach Skateparks verstanden werden. Ist ein solcher Bedarf angezeigt, sollte die städtepolitische Lösung das Schaffen von weiteren Räumen für diese Bewegungspraktiken sein, im Sinne eines kommunalen Gesamtangebots, wie es beispielsweise die Stadt Köln implementiert (vgl. Kilberth & Mikmak, 2023). 

 

Literatur & Quellen

Bindel, T. (2008). Soziale Regulierung in informellen Sportgruppen. Hamburg: Feldhaus Verlag Edition Czlawina.

 

Deutsches Institut für Normung (DIN 2019). Skateparks – Sicherheitstechnische

Anforderungen und Prüfverfahren. DIN EN 14974:2019. Berlin: Beuth Verlag.

 

Kilberth, V. (2021). Skateparks. Räume für Skateboarding zwischen Subkultur und

Versportlichung. Bielefeld: transcript

 

Kilberth, V. & Mikmak, W. (2023). Urban Sports-Gesamtkonzept der Stadt Köln 2023. Kommunale Planung von öffentlichen Skate-, BMX-, Pumptrack-, Parkour- und -Anlagen (im Erscheinen). 

 

Naschold, I. (2021). Ist ein Skatepark nicht für alle da? In Playground@Landscape 14. Jg., 3. Ausg. S. 110-114. Bonn: Playground + Landscape.

 

Siebert, S., Ehlen, N. & Schmidt, L. (2020). Pilotprojekt Pumptrack in Köln.

Ergebnisbericht. Köln: Deutsche Sporthochschule Köln, Institut für Outdoor Sport und

Umweltforschung.

 

SIT 'N' SKATE https://www.sitnskate.de/

 

Skatepark-Sicherheits-Video: https://lndskt.de/sicherdurchdenskatepark

 

 

Über den Autor:

Veith Kilberth (Dr. phil.), ehemaliger professioneller Skateboarder, Diplom-Sportwissenschaftler, hat zum Thema Skateparks promoviert und ist Mitinhaber des Skatepark-Planungsbüros Landskate GmbH in Köln www.lndskt.de.