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Internationales Fachmagazin für Spiel-, Sport- und Freizeitanlagen

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15.10.2016 - Ausgabe: 5/2016

Wer redet wann mit wem? Und vor allem wie?

Von Christina Peterburs, Planungsbüro Stadtkinder

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Kinder spielen immer und vor allem überall. Sie benötigen nicht nur die klassischen Spielplätze, sondern auch Freiräume in der Natur und in der Stadt, um sich zu bewegen. Dabei werden Mauern zu Balancierstrecken, Zäune zu Kletteranlagen oder Gehwegplatten zu einem Hüpf-Parcours. Aufgrund unterschiedlicher Einschränkungen steht die Stadt Kindern als Spielraum jedoch kaum mehr zur Verfügung. Der Straßenraum ist zu unsicher, Freiflächen werden bebaut und Kinder aus dem öffentlichen Raum verdrängt.

Dazu kommt, dass die kommunalen Budgets für den Erhalt und die Pflege von Spielplätzen immer geringer werden. Spielplätze werden aufgegeben, im schlimmsten Fall die Flächen als Bauland verkauft. Kindern haben vielerorts kaum mehr die Chance, Spielplätze zu nutzen oder sich die Stadt als Spiel-, Erlebnis- und Aufenthaltsraum zu erobern.

Gleichzeitig bezeichnen sich immer mehr Kommunen als kinderfreundlich und versuchen, junge Familien als Einwohner und langfristige Steuerzahler zu gewinnen.  Andere haben bereits erkannt, dass sich eine lebenswerte Stadt mit Zukunft vor allem auch durch Angebote für Kinder und eine kindgerechte, sichere Stadtgestaltung auszeichnet.

Diesem Aspekt tragen zunehmend mehr Kommunen Rechnung, indem sie nicht nur ihre ausgewiesenen Spielplätze betrachten, sondern viel mehr zu einer integrierten Spiel- und Freiraumanalyse übergehen. Denn Spielen und Bewegen betrifft nicht nur das Jugendamt oder das Grünflächenamt als zuständige Einheit für die Spielplätze. Vielmehr gilt es, die Stadt als Spiel- und Bewegungsraum in ihrer gesamten Vielfalt zu betrachten und aus diesem Grund auch alle entscheidenden Ämter und Kooperationspartner mit einzubeziehen. Dazu können gehören: das Planungsamt, die Verkehrsplanung, das Grünflächenamt, das Jugend- sowie das Schulamt, das Sportamt und der Stadtsportbund, das Amt für Umwelt- und Klimaschutz, das Sozialamt oder auch das Gesundheitsamt. Sie alle haben Berührungspunkte mit der Stadt als Lebensraum, in dem Kinder sich entwickeln und gesund und sicher aufwachsen können.

Doch wie kann es funktionieren, all diese Akteure mit ihren unterschiedlichen Interessen und Zielsetzungen unter einen Hut zu bringen? Was, wenn in dem Prozess auch noch Kinder, Jugendliche und Erwachsene beteiligt und in die Gestaltung einbezogen werden sollen? Wie kann eine erfolgreiche Planung gelingen?

Unerlässlich ist dabei ein frühzeitiges und nachhaltiges Kommunikations- und Beteiligungsmanagement, sowohl extern als auch intern innerhalb der Verwaltung.

Zunächst bedarf es eines hauptverantwortlichen Ansprechpartners, der nicht nur ein grundsätzliches Interesse an dem Thema hat, sondern vor allem auch mit dem entsprechenden Stunden- und Ressourcenkontingent ausgestattet ist. Eine integrierte Spielraumplanung ist nichts, was „mal eben nebenbei zusätzlich zu den anderen Aufgaben“ geleistet werden kann. Allein die Steuerungsaufgaben benötigen viel Zeit und Engagement.

Die Querschnittsorientierung der Planung spiegelt sich auch in den verwaltungsinternen Arbeits- und Abstimmungsprozessen wider. Durch eine ämterübergreifende Arbeitsgruppe, die gemeinsam den Prozess fortlaufend begleitet und einen regelmäßigen Austausch pflegt, können bereits frühzeitig Weichen gestellt werden. Sie ist das zentrale Gremium einer integrierten Spielraumplanung und beeinflusst maßgeblich den Erfolg und die Umsetzung der Planung. Das gemeinsame Festlegen von Zielen und Arbeitsschritten, der Austausch der einzelnen Fachämter über laufende Projekte oder anstehende Planungen, die Organisation von Beteiligungsprozessen – all dies sind Aufgaben der Arbeitsgruppe. Hilfreich ist es oftmals, die Arbeitsgruppensitzungen durch eine erfahrene externe Moderation begleiten zu lassen, um Sichtweisen aufzunehmen und Meinungen wertfrei aufzunehmen.

Jährliche oder halbjährliche Scoping-Termine, wie sie bereits im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung Standard sind, können auch für die integrierte Spielraumplanung gewinnbringend genutzt werden. Die Stadt Bremerhaven praktiziert dieses Verfahren sehr erfolgreich. Seit 2010 existiert eine ämterübergreifende Steuerungsgruppe, die die Spielleitplanungen in den Stadtteilen Geestemünde und Lehe begleitet hat und auch über den Durchführungszeitraum hinaus regelmäßig tagt. Auf Basis eines Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung hat die Steuerungsgruppe die Aufgabe, zweimal jährlich einen Scoping-Termin einzuberufen, in dessen Rahmen alle Maßnahmen und Vorhaben der Stadt Bremerhaven auf ihre Relevanz für Kinder und Jugendliche hin überprüft werden sollen. Des Weiteren wird im Rahmen des Scopings erörtert, wie Kinder und Jugendliche in diesen Maßnahmen beteiligt werden können. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass ein kontinuierlicher Austausch zwischen den einzelnen Fachämtern stattfindet und auch die Partizipation von Kindern und Jugendlichen dauerhaft verankert wird.

Die Kommunikation mit der Bevölkerung sowie das Beteiligungsmanagement sind ebenfalls grundlegende Bestandteile einer erfolgreichen integrierten Spielraumplanung. Den Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gilt es zu vermitteln, dass ihre Anmerkungen und Ideen ernst genommen und in den Prozess eingebunden werden. Den Personen dabei mit Respekt und Wertschätzung zu begegnen, ist ein unverzichtbarer Aspekt. Auch hier ist es sinnvoll, externe Unterstützung hinzu zu ziehen. Die Moderation vermittelt dabei zwischen der Verwaltung und den Bürgern und kann Anregungen möglichst unvoreingenommen aufnehmen. Sie verfügt über die nötige Erfahrung, spezifische Methoden für die entsprechende Zielgruppe anzuwenden und diese notfalls anzupassen.

Doch was ist, wenn die Situation so verfahren ist, dass ein inhaltlicher Fortschritt nicht mehr möglich ist und die Beteiligten nicht mehr miteinander kommunizieren? Wenn statt eines kooperativen Arbeitens nur noch Schuldzuweisungen und Anfeindungen vorherrschen? Dann ist eine Konfliktmoderation oder Mediation ratsam. Ziel der Mediation ist es, zwischen den Konfliktparteien zu vermitteln und wieder ein konstruktives Verhältnis herzustellen. Der Mediator ist dabei allparteilich und begleitet die Konfliktparteien auf dem Weg zu einer gemeinsamen Lösung. Er sorgt für ein ausgeglichenes Verfahren und vermittelt z.B. zwischen den verschiedenen Ämtern oder zwischen der Verwaltung und verschiedenen Akteurs- oder Nutzergruppen. Die Mediation verläuft dabei in verschiedenen Phasen. Dieses strukturierte Verfahren gewährleistet, dass beiden Seiten wieder eine Annäherung ermöglicht und ein gegenseitiges Verständnis für die jeweilige Position erreicht wird. Die gemeinsame Erarbeitung von Lösungsideen, die auch realisierbar und von beiden Seiten tragbar sind, steht dabei im Fokus. Zuvor werden die verschiedenen Sichtweisen des Konflikts sowie die jeweiligen Bedürfnisse, Vorgaben oder Rahmenbedingungen definiert und festgehalten.

Der Mediator hat dabei die Aufgabe, Emotionen aufzugreifen und das Verfahren wieder auf die sachliche Diskussionsebene zurück zu führen. Er gewährleistet zu jeder Zeit die Transparenz und Authentizität des Verfahrens. Am Ende steht die Vereinbarung zu Maßnahmen oder Lösungen, die von den Konfliktparteien eingehalten oder umgesetzt werden. Gerade in der Spielraumplanung, in der völlig verschiedene Interessen und Bedürfnisse aufeinander treffen, liegen zahlreiche Konflikte oder Konfliktpotenziale vor, die über eine Mediation oder Konfliktmoderation gelöst werden können.

Egal, wie das Verfahren einer integrierten Spielraumplanung aufgebaut ist, ob Beteiligungsbausteine integriert sind oder nicht: ohne ein frühzeitiges Beteiligungs- und Kommunikationsmanagement und eine umfassende regelmäßige Kommunikation zwischen den verschiedenen Akteuren ist ein Projekt kaum erfolgreich realisierbar.

 

 

Foto: Planungsbüro STADTKINDER

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